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Das Hinweisgeberschutzgesetz in der Unternehmenskultur, Kristin Peitz im Interview

Hinweisgeberschutzgesetz in der Unternehmenskultur, Kristin Peitz

Das neue Hinweisgeberschutzgesetz muss bis zum 12. Juni 2023 umgesetzt werden. Aber das Gesetz hat nicht nur eine rechtliche Komponente, sondern betrifft auch Fragen der Unternehmenskultur.

Kristin Peitz (Vernetzen bei Linkedin) verantwortet bei KSP den Bereich „Compliance as a Service“ und entwickelt in dieser Funktion neue Dienstleistungsangebote. Aktueller Schwerpunkt ist neben dem HinSchG ein Service zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG).

Dabei geht die Expertin nicht nur auf organisatorische sondern auch "softe" Faktoren der Erfüllung der Gesetze ein. Im Interview spricht sie über die Hintergründe des Hinweisgeberschutzgesetzes und was die Unternehmenskultur damit zu tun hat. Aktuell hat Kristin Peitz mit ihrem Team ein Angebot zur rechtssicheren Umsetzung auch für kleinere Unternehmen entwickelt.


Frau Peitz, was ist das Ziel des Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG)?

Das HinSchG ist die nationale Umsetzung der so genannten EU-Whistleblower-Richtlinie. Die Intention des Gesetzes ist der Schutz von Hinweisgebern vor potentiellen Repressalien nachdem sie auf Verstöße bzw. Missstände in ihrem beruflichen Umfeld hingewiesen haben.

Das Gesetz wurde am 12. Mai diesen Jahres vom Bundesrat verabschiedet und muss nach Verkündung im Bundesgesetzblatt innerhalb eines Monats umgesetzt werden.

Welche Unternehmen müssen was wie umsetzen?

Praktisch bedeutet das HinSchG erstmal, dass jeder Beschäftigungsgeber ab 50 Mitarbeitern eine interne Meldestelle einrichten muss. Das Gesetz bzw. bereits die Richtlinie stellen sehr konkrete Anforderungen an die Ausgestaltung.

So müssen Fristen und Dokumentationserfordernisse berücksichtigt, aber vor allen Dingen auch rechtliche Fallstricke umschifft werden. Herausforderungen können sich insbesondere für kleinere Unternehmen zum Beispiel aus der so genannten Beweislastumkehr oder auch den Konflikten zwischen DSGVO und HinSchG ergeben.

Wie könnte eine Meldestelle aufgebaut sein?

Der Gesetzgeber erlaubt explizit den Betrieb der internen Meldestelle durch fachkundige Dritte. Hier bieten sich insbesondere prozess- und technologieaffine Rechtsanwaltskanzleien an. Diese verfügen auch über die fachliche Expertise und Erfahrung die rechtlichen Risiken zu minimieren.

Zum Beispiel wenn die Kanzlei die gesamte Kommunikation mit dem Hinweisgeber übernimmt und den Sachverhalt anonymisiert an das Unternehmen übermittelt, kann eine Klage wegen einer potentiellen Repressalie eines Hinweisgebers trotz der im HinSchG verankerten Beweislastumkehr leichter entkräftet werden.

In Deutschland darf auch explizit die interne Meldestelle im Konzern (so genanntes Konzernprivileg) und von Unternehmen bis 249 Mitarbeitern zusammengelegt werden.

Weitere Informationen zum Download.

 

Wie profitieren Unternehmen davon?

Eine interne Meldestelle sollte nicht nur aufgrund der gesetzlichen Anforderungen vorhanden und bekannt sein. Denn mit dem HinSchG werden auch externe Meldestellen bei Behörden (z.B. Bundesjustizministerium) eingerichtet.

Die Hinweisgeber können sich auch an diese wenden. Ziel sollte es jedoch immer sein, dass der Hinweisgeber zunächst die interne Meldestelle nutzt. Potentielle Verstöße können so intern direkt adressiert und frühzeitig aufgelöst werden ohne das Aufwand für die externe Abstimmung oder sogar bereits ein Reputationsverlust eingetreten ist.

Zudem, selbst wenn aufgrund eines Hinweises kein echter Verstoß nachgewiesen wird, bieten derartige Informationen oft Anhaltspunkte für die Verbesserung von Prozessen bzw. des internen Kontrollsystems.

Welche Gründe gibt es aus Mitarbeitersicht für eine Meldung?

Mitarbeiter, die sich an die interne Meldestelle wenden, tun dies für und nicht gegen ihr Unternehmen. Beweggründe dafür können ganz pragmatisch sein, z.B. ihren Arbeitgeber schadlos zu halten um ihren Arbeitsplatz zu sichern oder auch aufgrund von Wertvorstellungen.

Dies können ihre persönlichen Wertvorstellungen und / oder die kolportierten sowie gelebten des Unternehmens sein. Die interne Meldestelle kann auch für Verbesserungsvorschläge genutzt werden, die auf dem direkten Weg vielleicht weniger Beachtung finden oder über eine zentrale Stelle zielgerichteter im Unternehmen platziert werden kann.

Welche Rolle spielt die Unternehmenskultur?

Diese ist enorm wichtig um die erstrebenswerten Gründe zur Nutzung der internen Meldestelle aktivieren zu können bzw. Verstöße gar nicht erst vorkommen zu lassen.

Gesetzesverstöße entstehen nicht immer aufgrund „böser Absichten“, sondern oftmals auch aufgrund von Unwissenheit, was bekanntlich aber nicht vor Strafe schützt. Daher muss es eine offene Gesprächskultur zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten, aber auch mit der Rechts- bzw. Complianceabteilung geben.

Diese Abteilung muss als aktiver (Gesprächs-) Partner der operativen Bereiche gesehen werden und nicht als Verhinderer oder gar „Unternehmenspolizei“. Das fördert auch die „Can-Do“ Attitüde des gesamten Unternehmens und dessen Image als potentieller Arbeitgeber für ergebnis- und innovationsorientierte Bewerber.

Worauf kommt es in der Kommunikation an?

Einen gelungene Kommunikationskampagne für das Bestehen und Vertrauen in die interne Meldestelle sollte in erster Linie zielgruppengerecht und authentisch sein.

Vor der Auswahl der genutzten Medien sollte immer die Definition der Zielgruppe stehen:

  • Welche sprachlichen Voraussetzungen bzw. potentielle Einschränkungen gilt es zu berücksichtigen?
  • Mit welchen Medien kann ich meine Mitarbeiter erreichen?

Für Produktionsmitarbeiter ist das Intranet zum Beispiel oft kein geeignetes Mittel. Authentisch wird die Kommunikation durch das Zusammenspiel mit der gelebten Unternehmenskultur. Herrscht im Unternehmen eine Duz-Kultur, sollte sie auch in der Kommunikation genutzt werden.

Weiterhin muss auch durch die Unternehmensleitung klar und glaubhaft kommuniziert werden, dass man den Schutz und die Hilfe durch Hinweisgeber ernst nimmt. Dies sowie andere Maßnahmen sollten fortlaufend wiederholt werden, da auch in der Kommunikation der internen Meldestelle steter Tropfen den Stein höhlt.

Wie wäre insgesamt die Rolle der Personalabteilung zu sehen?

Bei dieser Fragestellung kommt man um das juristische „es kommt darauf an“ leider nicht herum.

Viele insbesondere kleinere Unternehmen ohne eigene Rechts- oder sogar Complianceabteilung denken bei der organisatorischen Betrauung mit der internen Meldestelle primär an die Personalabteilung. Dabei ist jedoch immer zu hinterfragen, ob hier die gesetzlich geforderte Qualifikation, aber vor allen Dingen auch die Freiheit von Interessenskonflikten gegeben ist.

Insbesondere auch aufgrund der Beweislastumkehr sollte die interne Meldestelle nicht bei Mitarbeitern liegen, die in personelle Maßnahmen eingebunden sind. Der Personalabteilung kommt aber unweigerlich eine wichtige Rolle bei der Kommunikation und natürlich der praktischen Ausgestaltung der Unternehmenskultur zu.

Neben der Unternehmensleitung kann insbesondereie Personalabteilung abteilungsübergreifend, also unternehmensweit agieren und somit zu einer einheitlichen positiven Kultur und zum Wertverständnis beitragen.

Frau Peitz, vielen Dank für das Interview!

 

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Fragen: Nicolas Scheidtweiler / Vernetzen bei Linkedin


 

 

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