Lernende Organisation: Vorteil für Employer Branding und Umsatz
„Wer rastet, der rostet“ – was der Volksmund schon lange weiß, das gilt im übertragenen Sinne auch für jedes Unternehmen und sein Personalmanagement. Eine lernende Organisation ist im Vorteil.
![Nicolas Scheidtweiler - Employer Branding now](https://www.employer-branding-now.de/wp-content/uploads/2024/02/Nicolas-Scheidtweiler-Employer-Branding-now-scaled-e1735462317244-150x150.jpg)
NICOLAS SCHEIDTWEILER
Senior-Berater und Geschäftsführer
Tel. +49 421 365 115 20
scheidtweiler@eb-now.de
Gerade im aktuellen War for Talents in einer VUCA*-Welt kann es sich kein Arbeitgeber mehr leisten, nicht zur lernenden Organisation zu werden.
Verschiedene Studien zeigen, dass Wissensvermittlung zur Bringschuld der Arbeitgeber und damit zum Attraktivitätsfaktor wird.
Lerndynamik als Aspekt der Arbeitgebermarke
Wie aber jeder Mensch aus seiner eigenen Schul- und Ausbildungszeit weiß, kann man mit vollem Engagement, großer Konzentration und echter Begeisterung lernen – oder auch nicht. Zusammengefasst lässt sich dieser Unterschied als Lerndynamik bezeichnen. Lerndynamik beschreibt nicht, was ein Unternehmen und sein Personalmanagement lernt, sondern wie und wie stark.
Dabei wirkt die Lerndynamik auf zwei Ebenen: Einmal zur Verbesserung der Organisation als Arbeitgeber und einmal als Attraktivitätsfaktor im Employer Branding.
Die Basis ist die lernende Organisation.
Lernende Organisation verbessert Personal- und Talentmanagement
Die Lerndynamik eines Unternehmens spielt so im Personalwesen und Talentmanagement eine stärker werdende Rolle. Die lernende Organisation findet insbesondere hier ihren Anfang.
Damit HR-Verantwortliche ihre Ziele erreichen können, benötigen sie selbst eine hohe Lerndynamik. Denn nur wenn die Personaler regelmäßig ihr Wissen und ihre Fertigkeiten aktualisieren und erweitern, können sie auch ein erfolgreiches Employer Branding aufbauen.
Eine lernende Organisation bezeichnet auch, wie gut, schnell und umfassend Personalverantwortliche auf neue Anforderungen im Recruiting und in der Personalentwicklung reagieren können.
Auf Seite der Belegschaft bezieht sich die Lerndynamik auf die Form, Planung, Ausrichtung und Nachhaltigkeit der Personalentwicklung. In diesem Kontext bietet es sich an von Talentmanagement zu sprechen.
Von einer hohen Lerndynamik profitieren zusammengefasst folgende Aspekte eines Arbeitgebers:
1. Stärkere Arbeitgebermarke
Eine hohe Lerndynamik ermöglicht Arbeitgebern, durch das Erkennen und Optimieren der eigenen Attraktivitätsfaktoren für aktuelle und potenzielle Arbeitnehmer noch anziehender zu werden.
2. Mehr Innovationen
Der Anspruch als lernende Organisation erhöht den Wissenszuwachs und die Innovationsrate in den Abteilungen eines Unternehmens, die für das Personalmarketing und das Recruiting verantwortlich sind.
3. Zufriedene Mitarbeiter
Nicht zuletzt profitieren die operativen Abteilungen, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch gezieltes Talentmanagement auf fachlicher, kultureller und sozialer Ebene.
Die vier Wirkungsstufen der lernenden Organisation
Die Dynamik einer lernenden Organisation trägt analog dem Wirkungsstufen-Modell der Kommunikation (vgl. z.B. hier) auf vier verschiedenen Ebenen zur Wertschöpfung im Unternehmen bei. Dabei gilt: je höher die Ebene der Lernintensität, desto höher der Beitrag zum Unternehmenserfolg und zur Umsatzsteigerung.
In HR-Kennzahlen übersetzt besteht der Beitrag zum Unternehmenserfolg beispielsweise aus einer verbesserten Retention-Rate und höheren Motivation in der Belegschaft. Auf strategischer Ebene lassen sich durch eine hohe Lernintensität unter anderem eine gestiegene Gesamt-Produktivität und eine Erhöhung des Umsatzes und Ertrages feststellen.
1. Input
In der Input-Stufe der Lerndynamik erfährt das Personalmanagement vor allem etwas über sich selbst als Bestandteil einer Organisation. Im Fokus steht, welche Ressourcen der Gesamtorganisation im HR-Bereich eingesetzt werden. Dazu gehören mindestens:
- Investments in Weiterbildungen der Belegschaft
- Regelmäßig Zufriedenheitsumfragen
- Etablierung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP)
- Externe Beratung
Damit der Ressourcen-Einsatz auch langfristig positive Ergebnisse erzielt, ist unbedingt vonnöten, das hausinterne Talentmanagement zu systematisieren und in der Gesamtorganisation zu implementieren. Ein sehr gutes Talentmanagement zeichnet sich unter anderem aus durch:
- modulare Schulungsangebote für individuelle Weiterbildungen on Demand (dazu Patrick Neubert im Interview)
- regelmäßige Potenzialanalysen insbesondere für High Potentials
- Nachfolgeplanung und Führungskräfteentwicklung im höheren Management
- systematisches Onboarding mit implementieren Review-Prozessen
2. Output
In der zweiten Wirkungsstufe des Outputs geht es von der reinen Erkenntnis im Input weiter hin zu ersten operativen Maßnahmen. Dabei wird zwischen internem Output und externem Output unterschieden.
Im internen Output setzt eine Personalabteilung das Gelernte fachlich zur Verbesserung der Prozesseffizienz und -qualität um. Hier können beispielsweise Veränderungen im Bereich von Durchlaufzeiten, Fehlerquoten oder der Budgettreue erfasst werden, auch die Teilnahmequoten an internen Weiterbildungsangeboten zählen dazu.
Beim externen Output geht es um alle messbaren Maßnahmen, die außerhalb des eigenen Unternehmens wirken. Dazu zählen im HR-Bereich zum Beispiel Bewertungen bei Kununu und Berichte zum Unternehmen als Arbeitgeber in den Medien, die Besuche von potenziellen Bewerbern auf der eigenen Karrierewebseite oder auch die Anzahl eingehender Initiativbewerbungen.
Tipp: Zum Thema Kennzahlen im Employer Branding empfehlen wir unseren Blogbeitrag „Top 25-Kennzahlen im Employer Branding und Recruiting“.
3. Outcome
Der Outcome misst zusätzlich zum direkten, zählbaren Output auch weitergehende und übergreifend Faktoren. Konkret geht es im Outcome vor allem um Wahrnehmungen und Einstellungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wie auch von (potenziellen) Bewerberinnen und Bewerbern zum Unternehmen. Dabei wird im Outcome ähnlich dem Output ebenfalls zwischen zwei Formen unterschieden: dem direkten Outcome und dem indirekten Outcome.
Der direkte Outcome beschreibt die Wirkung von Maßnahmen im Bereich von Wahrnehmung und Wissen. Im HR-Bereich können dazu beispielsweise die Erhöhung der Motivation der Mitarbeiter wie auch der Manager-Satisfaction oder eine Steigerung der Aufmerksamkeits-Kennzahlen für die HR-Kommunikation sein.
Im indirekten Outcome geht es um Meinungen und Emotionen gegenüber einem Arbeitgeber. Dazu gehören klassischerweise die Verbesserung des Arbeitgeberimages oder auch die Erhöhung des strategischen Bewusstseins für das Personalmanagement bei prominenten Corporate Influencern.
4. Outflow
Der Outflow ist die höchste Wirkungsstufe im Wirkungsmodell der HR-Maßnahmen und erzielt den größten Beitrag zu Umsatz und Rendite einer lernenden Organisation.
In dieser Stufe getroffene HR-Maßnahmen haben den stärksten Einfluss auf Umsatz und Ertrag, auf strategische und finanzielle Zielgrößen im Leistungsprozess sowie auf materielle und immaterielle Ressourcen zur Bildung von ökonomischen und symbolischen Unternehmenskapital.
Eine gute Kommunikation im HR-Bereich macht den entscheidenden Unterschied zwischen Akzeptanz und Ablehnung von Arbeitsplatzangeboten durch die Bewerber, zwischen Begünstigung und Behinderung von internen Unternehmensprojekten durch die eigene Belegschaft, zwischen einem positiven und einem negativen Arbeitgeberimage.
Als lernende Organisation zum positiven Outflow
Die genannten Parameter zeigen, dass Unternehmen, die ihre Lerndynamik in der Organisation gezielt hochhalten, Vorteile auf unterschiedlichen Ebenen gewinnen.
Gerade in Zeiten von Disruption, Agilität und unsicheren wirtschaftlichen Entwicklungen bedarf es Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in der Lage sind, mit ihrem vorhandenen Wissen, frühzeitig neue Trends zu erkennen.
Dabei geht der Blick im Sinne des Human Capital Management nicht nur auf fachliche Fähigkeiten, sondern auch auf soziale, methodische und kulturelle Aspekte. Mehr dazu im Artikel „Die neue Personalplanung in einer disruptiven Welt“.
Mit Blick auf die neuen Generationen in der Arbeitswelt sollte es Teil des Selbstverständnisses moderner Arbeitgeber, sich selbst als lernende Organisation aufzustellen. Und das insbesondere mit Blick auf die Verantwortlichen in der Personalgewinnung und -bindung.
Bildrechte: Lukas / pexels.com