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Wie lässt sich Arbeitgeberattraktivität messen? Interview mit Helga Pelizäus-Hoffmeister

Employer Branding now Blog - Interview mit Helga Pelizaesus Hoffmeister

Basis für den Employer Branding-Prozess ist die fundierte Analyse der aktuellen Arbeitgeberattraktivität. Erst auf dieser Basis kann ein Arbeitgeber eine fundierte Strategie entwickeln. Um eine hohe wissenschaftliche Qualität sicherzustellen, arbeiten wir mit einem Partner zusammen, der diesen Anspruch teilt und in das Projekt einbringt.

Wir freuen uns, dass PD Dr. Helga Pelizäus, Vorstand der Münchner Projektgruppe für Sozialforschung, uns ein ausführliches Interview zu Vorgehen und Methoden gegeben hat. Helga Peilizäus arbeitet seit 15 Jahren im Bereich der qualitativ orientierten Forschung zu unterschiedlichen Themengebieten. Sie ist derzeit Soziologie-Professorin an der Universität der Bundeswehr München am Institut für Soziologie und Volkswirtschaftslehre.


Frau Pelizäus, welche Antworten erhält ein Unternehmen durch die Analyse der Arbeitgeberattraktivität?

Der Arbeitgeber erhält ein Feedback über vermeintliche Stärken und Schwächen des Unternehmens, die von verschiedenen Stakeholder-Gruppen wahrgenommen werden. Dabei handelt es sich allerdings nicht um faktische, „objektive" Eigenschaften des Unternehmens, sondern immer um die subjektiven Wahrnehmungen und Deutungen der Menschen verschiedener Gruppen.

Welche Folgen hat diese Subjektivität für Arbeitgeber?

Diese subjektiven Überzeugungen sind zentral für den Arbeutgeber. Denn daraus lässt sich ableiten, dass sie die Grundlage des unternehmensbezogenen Handelns dieser Gruppen bilden. Menschen handeln nicht aufgrund der „objektiven", realen Bedingungen, sondern sie handeln aufgrund der Gegebenheiten, die sie für wahr bzw. für real halten. Oder anders formuliert: Menschen nehmen das als Realität, was sie für real halten und danach richten sie ihr Verhalten aus. Und dieses Verhalten wiederum beeinflusst das Handeln anderer und so fort, so dass auf diesem Wege sozial konstruierte „Welten" bzw. in diesem Falle Arbeitgeberimages entstehen, die dann zur Realität werden.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Vertreten Mitarbeiter eines Unternehmens in den sozialen Medien die Meinung, dass dieses vielversprechende Innovationen anstrebt und das Potenzial dazu hat, diese auch zu realisieren, dann ist die Chance größer, qualifizierte Fachkräfte anzuziehen und diese Vermutung in die Realität zu überführen als wenn es – im Ruhrpottdeutsch – als „Klitsche" beschrieben wird.

Dementsprechend ist es äußerst wichtig für die Unternehmensführung, die Überzeugungen der verschiedenen Stakeholder-Gruppen zu kennen. Nur daran anknüpfend ist es möglich, das Unternehmensimage so zu formen, das es sich zu einer attraktiven Arbeitgebermarke entwickeln kann.

Worin bestehen die besonderen Herausforderungen in der Erhebung der Daten zur Arbeitgeberattraktivität?

Zunächst muss davon ausgegangen werden, dass die subjektiven Einstellungen und Überzeugungen hinsichtlich eines Unternehmens maßgeblich von den jeweiligen Beziehungen bestimmt sind, in denen die Personen zum Unternehmen stehen. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass ein Mitarbeiter ein anderes Unternehmensimage entwickelt als ein Kunde. Und dabei können die verschiedenen Einstellungen durchaus in Konflikt zueinander stehen. Das heißt, wir müssen zwischen verschiedenen Gruppen unterscheiden und deren Einstellungen vor dem Hintergrund ihrer jeweiligen Beziehung zum Unternehmen analysieren.

Darüber hinaus muss den Menschen ihre Einstellung zum Unternehmen selbst nicht immer ganz bewusst sein. In den Verhaltenswissenschaften wird davon ausgegangen, dass sich Einstellungen aus einer gefühlsbasierten, einer wissensbasierten und einer handlungsbezogenen Komponente zusammensetzen. Und die emotionale und handlungsbezogene Ebene ist den Menschen nicht immer kognitiv zugänglich, so dass sie dementsprechend auch nicht mit einfachen Mitteln abgefragt werden kann.

Wie gehen Sie in der Erhebung vor?

Zunächst unterscheiden wir systematisch zwischen den verschiedenen Stakeholder-Gruppen und analysieren deren Einstellungen in einem ersten Schritt getrennt. Das hat den Vorteil, dass wir die „Logik" der jeweiligen Überzeugungen ganzheitlich bzw. unter Berücksichtigung der jeweiligen konkreten Kontexte umfassend erheben und nachvollziehen können. Diese differenzierte Analyse erlaubt es darüber hinaus, gleichzeitig konkrete Anknüpfungspunkte für die Ausgestaltung von Maßnahmen zur Optimierung der Arbeitgebermarke herauszuarbeiten. Erst im zweiten Schritt wird das existierende Gesamtunternehmensimage nachgezeichnet und hinsichtlich seines Verbesserungspotenzials analysiert.

Wichtig ist es uns zudem, mit indirekten Fragestrategien, auf der Basis qualitativer Erhebungs- und Auswertungsmethoden, zu arbeiten. Da den Befragten ihre Einstellungen und Überzeugungen nicht immer reflexiv zugänglich sind, können sie auch nicht direkt abgefragt werden, zum Beispiel mit Hilfe eines Fragebogens. Die Grundlage ihrer Erfassung bilden möglichst offene, ausführliche Erzählungen, die im Rahmen von Einzel- oder Gruppeninterviews generiert werden. Diese werden dann mit Hilfe rekonstruktiver Verfahren der empirischen Sozialforschung analysiert und auf diese Weise können differenzierte Arbeitgeberimages herausgearbeitet werden.

Was unterscheidet Ihr Vorgehen von anderen Methoden?

Sehr häufig werden Unternehmensimages auf der Basis von Fragebögen, also im Sinne einer direkten Fragestrategie, ermittelt. Diese Erhebungsmethode ist allerdings mit einigen Problemen verbunden, die wir durch unser indirektes Befragen vermeiden wollen.

Welche Probleme sind das genau?

Für alle Befragungen mittels eines Fragebogens gilt, dass nur Ergebnisse zu den Bereichen ermittelt werden können, die vorab schon bekannt sind. Denn es kann nur das beantwortet werden, was auch erfragt wurde. Damit beraubt man sich aber der Chance, neue Aspekte und Phänomene zu entdecken. So drückt sich die Attraktivität eines Unternehmens für Mitarbeiter möglicherweise in Aspekten aus, die der Unternehmensführung überhaupt nicht bekannt sind. Kommen diese in der Befragung nicht zum Ausdruck, dann verspielt man die Chance, ihn stärker in den Fokus zu rücken, um seine Arbeitgebermarke zu optimieren. Außerdem bedingt der direkte Fragestil, dass Aspekte der Einstellung, die den Befragten selbst nicht vollständig bewusst aber für ihr Handeln relevant sind, verloren gehen. Nicht zu vergessen ist, dass die nachgefragten Bewertungen meist keine konkreten Anknüpfungspunkte für Gestaltungsmaßnahmen bieten.

Zudem ergibt sich das Problem, dass die Befragten oft zu Extremantworten neigen und dadurch das Ergebnis verzerren. Wenn den Befragten darüber hinaus die Anonymität nicht gesichert erscheint, ein Problem insbesondere bei Online-Erhebungen, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, sozial erwünschte Antworten zu erhalten. Und ein weiterer Aspekt sollte nicht unberücksichtigt bleiben: Häufig werden Befragungen anhand von Fragebögen nicht ernst genommen, da die Befragten davon ausgehen, dass den Antworten einer einzelnen Person zu wenig Gewicht beigemessen wird. Denn erst wenn sich eine größere Zahl an Befragten in vergleichbarer Weise äußert, besteht die Chance, mit den eigenen Einschätzungen ernst genommen zu werden.

Wieviel Zeit muss ein Arbeitgeber für die Analyse einplanen?

Grundsätzlich gilt, dass eine indirekte, an qualitativen Methoden orientierte Befragung aufwändiger und damit auch zeitintensiver ist als eine Befragung mittels eines Fragebogens, und damit auch kostenintensiver. Mit welcher Zeitspanne gerechnet werden muss, kann allerdings nicht pauschal beantwortet werden. Das ist abhängig von der Anzahl der verschiedenen Stakeholder-Gruppen, der Organisation des Unternehmens etc.

Frau Pelizäus, vielen Dank für die fundierten Antworten!

 

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Weitere Infos für über die Münchner Projektgruppe für Sozialforschung e.V. auf www.sozialforschung.org.

Autor: Nicolas Scheidtweiler / Xing
Foto: Helga Pelizäus



 

 

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