Auf die Arbeitgeberattraktivität zahlen verschiedene Faktoren ein. Die Basis sind betriebliche Sozialleistungen, die Benefits.

NICOLAS SCHEIDTWEILER
Senior-Berater und Geschäftsführer
Unternehmen, die heute erfolgreich Talente gewinnen und langfristig binden möchten, müssen auch echte Mehrwerte für Mitarbeitende schaffen.
Eine der zentralen Stellschrauben dabei sind durchdachte Benefits.
Hierunter versteht man Leistungen, die ein Unternehmen seinen Mitarbeitern über das Gehalt hinaus bietet, z.B. sog. Sachbezüge, Tankgutscheine oder eine kostenlose Mitgliedschaft in einem Fitnesscenter, um einmal ein paar konkrete Beispiele zu nennen.
Obstkorb und Tischkicker haben ausgedient
Die Motivation deutscher Arbeitnehmer ist derzeit kontinuierlich im Sinkflug. Eine Jobstudie der Unternehmensberatung EY zeigt einen ungünstigen Trend in der Arbeitswelt. Hierbei geben nur 18 Prozent der Arbeitnehmer an, hochmotiviert zu sein, während es 2021 immerhin 21 Prozent und 2019 noch stolze 42 Prozent waren.
Im Gegenzug gewinnen Themen wie Flexibilität, persönliche Entwicklung und individuelle Zusatzleistungen für Arbeitnehmer zunehmend an Bedeutung. Benefits sollen der eigenen Belegschaft Wertschätzung und das Gefühl von Zugehörigkeit vermitteln.
Konkret bedeutet das für Arbeitgeber, dass sie ihrer Belegschaft mittlerweile mehr als Basics wie den obligatorischen Obstkorb oder Tischkicker bieten müssen, um sich aus der Masse abzuheben und die eigene Arbeitgebermarke zu stärken.
Ein gut durchdachter Mix moderner Benefits für Arbeitnehmer kann sich intern positiv auf die Mitarbeiterbindung auswirken und auch die Außenwirkung eines Unternehmens positiv beeinflussen. Denn Bewerber achten zunehmend darauf, wie Unternehmen ihre Mitarbeitenden fördern.
In Jobportalen, auf Plattformen zur Bewertung von Arbeitgebern und in den sozialen Medien werden solche Leistungen offen kommuniziert und diskutiert. Die angebotenen Benefits können daher den Ausschlag geben, ob ein Bewerber sich für oder gegen einen Arbeitgeber entscheidet. Dies trifft natürlich umso mehr auf Branchen zu, die Tariflöhne zahlen.
Psychologische Wirkung von Anreizen auf Mitarbeitende
Im Gegensatz zu sogenannten Incentives, also Leistungen, welche meist leistungs- oder anlassbezogen vergeben werden, sind Benefits fest in der Unternehmenspraxis verankert. Sie gelten in der Regel für alle Mitarbeitenden unabhängig von individueller Leistung.
Möglichkeiten flexibler Arbeitszeitmodelle, Fitness- bzw. Gesundheitsangebote, Sachbezüge oder ein E-Bike, an dessen Miete der Arbeitgeber sich beteiligt, kommunizieren der Belegschaft Wertschätzung.
Diese wiederum stärkt das Gefühl von Sicherheit und Zugehörigkeit. Benefits sind also wichtige emotionale Faktoren zu verstehen, die langfristig zur Mitarbeiterbindung beitragen können.
Zudem wirken Benefits identitätsstiftend, denn wenn bestimmte Leistungen zur Kultur eines Unternehmens gehören, beeinflussen sie die Wahrnehmung der eigenen Rolle und der gemeinsamen Werte.
Sie tragen dazu bei, dass sich Mitarbeitende mit dem Unternehmen identifizieren. Das Gehalt spielt hier eine eher untergeordnete Rolle.
Ein für das Unternehmen passgenaues Benefit-Programm signalisiert, dass langfristig in das Wohlergehen der Belegschaft investiert wird und wirkt sich positiv auf Motivation, Loyalität und die allgemeine Arbeitszufriedenheit aus.
Steuerliche Vorteile als Motivator nutzen
Ein oft unterschätzter Aspekt beim Einsatz von Benefits ist ihr finanzieller und steuerlicher Rahmen. Denn viele Leistungen, die für Mitarbeitende einen echten Mehrwert darstellen, können für Unternehmen steuerlich vorteilhaft gestaltet werden.
Besonders relevant ist in diesem Zusammenhang der steuerfreie Sachbezug. Ein Sachbezug kann in der Höhe von bis zu 50 Euro monatlich, beispielsweise in Form von Guthaben auf einer flexibel einsetzbaren Bezahlkarte, gewährt werden.
Dies ist möglich, ohne dass dafür Lohnsteuer oder Sozialabgaben fällig werden. Somit sind Sachbezüge nicht nur ein Plus für Mitarbeiter, sondern auch für den Arbeitgeber wirtschaftlich sinnvoll .
Personaler, die sich mit dem Thema befassen, müssen sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen vertraut machen.
Online findet man einige Anbieter digitaler Lösungen, bei welchen man auch weiterführende Informationen findet, wie man den steuerfreien Sachbezug nutzen kann.
Gefahr der Austauschbarkeit: Benefits richtig einsetzen
Trotz aller Vorteile dürfen Benefits nicht unüberlegt eingesetzt werden. Ein häufiger Fehler besteht darin, standardisierte Angebote ohne Bezug zur Unternehmenskultur oder den tatsächlichen Wünschen der Mitarbeiter einzuführen.
So wird beispielsweise die Möglichkeit eines durch den Arbeitgeber finanzierten E-Bikes bei einem Tech-Startup vermutlich gut angenommen.
Derselbe Anreiz kann in einem mittelständischen Handwerksbetrieb mit älterer Belegschaft hingegen völlig wirkungslos bleiben.
Benefits entfalten ihre Wirkung nur dann, wenn sie zur jeweiligen Zielgruppe passen. Hier ist es insbesondere wichtig, den Bedarf vorher intern abzufragen und die Benefits, wenn sie dann eingesetzt werden, entsprechend offen zu kommunizieren.
Nur Angebote, welche entsprechend wahrgenommen und mehrheitlich gerne angenommen werden, machen wirklich Sinn. Ein guter Mix an Benefits, die zur eigenen Belegschaft passen, zeigt vor allen Dingen, dass sich das Unternehmen mit seinen Mitarbeitenden bzw. deren Bedürfnissen ernsthaft auseinandersetzt.
Wenn Benefits eingeführt werden, sollte man diese langfristig einsetzen. Wenn Mitarbeitende sich an bestimmte Belohnungen gewöhnen, kann ein Ausbleiben ansonsten schnell als Nachteil wahrgenommen werden.
Benefits als Teil eines größeren Ganzen
Passgenaue Benefits sind ein wichtiges Werkzeug zur Stärkung der Arbeitgebermarke. Richtig eingesetzt, können sie die Arbeitgebermarke stärken, die Motivation fördern und die Bindung von Mitarbeitenden verbessern.
Doch ein Allheilmittel sind sie dennoch nicht, denn die anderen Faktoren wie transparente Kommunikation und klare Werte müssen auch stimmen.
Employer Branding ist ein komplexer, langfristiger Prozess, der strategisch geplant und kontinuierlich gepflegt werden muss. Anreizsysteme können darin eine wichtige Rolle spielen.
Dies setzt aber voraus, dass sie in ein ganzheitliches Verständnis von Wertschätzung, Mitarbeiterführung und eine offene Unternehmenskultur eingebettet sind.
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