Moderne Personaler haben das Instrument „Mitarbeiter als Markenbotschafter“ im Recruiting längst auf dem Schirm. Doch in der Realität vieler Unternehmen bleibt dieses Potenzial oft ungenutzt.

Nicolas Scheidtweiler
Senior-Berater und Geschäftsführer
Tel. +49 421 365 115 20
scheidtweiler@eb-now.de
Zwar gibt es hin und wieder eine Prämie für Empfehlungen oder einzelne Social-Media-Postings von Mitarbeitern – doch strategisch gedacht ist das selten.
Dabei könnten gerade kleine und mittelständische Unternehmen massiv profitieren, wenn sie ihre Belegschaft aktivieren: authentisch, glaubwürdig und mit enormer Reichweite in privaten Netzwerken.
Wer hier nicht strukturiert vorgeht, verschenkt nicht nur Aufmerksamkeit, sondern auch Vertrauen.
Um das zu verhindern, kommt es darauf an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu echten Markenbotschaftern zu entwickeln.
Recruiting beginnt im Inneren
Viele Unternehmen suchen händeringend Fachkräfte. Sie investieren in externe Maßnahmen, posten auf Jobportalen, engagieren Agenturen. Was dabei übersehen wird: Das wertvollste Potenzial für glaubwürdige Kommunikation sitzt bereits im Haus.
Selbst in Unternehmen mit 50 oder 100 Mitarbeitern schlummert eine immense Kraft. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind authentisch, beruflich und vor allem privat vernetzt, engagiert.
Wenn man sie als Teil des Recruiting-Prozesses ernst nimmt, öffnet sich ein Kanal für das Recruiting, insbesondere auch im Active Sourcing.
Empfehlungen brauchen mehr als Prämien
„500 Euro für eine erfolgreiche Empfehlung eines Bewerbers“ – das klingt gut. Doch es ist zu wenig.
Nicht vom Betrag her, sondern vom Gedanken. Wer das Thema Empfehlungsmanagement auf eine Prämie reduziert, verkennt die eigentliche Chance: Menschen empfehlen nur, wenn sie sich sicher sind, dass es passt.
Dafür braucht es interne Information, Wertschätzung, Beteiligung. Und eine Unternehmenskultur, die Vertrauen ermöglicht.
Vor allem fehlt oftmals das Wissen über offene Positionen im Unternehmen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten daher regelmäßig darüber informiert werden, wen der Arbeitgeber sucht.
Markenbotschafter entwickeln, nicht bestimmen
Eine erweiterte Stufe zur Aktivierung der Belegschaft, in ihren Netzwerken Jobs zu teilen, sind Markenbotschafter-Programme.
Markenbotschafter entstehen aber nicht aus dem Nichts. Sie sind Ergebnis einer Haltung, dieses Instrument im Personalmarketing und Recruiting professionell und aktiv zu gestalten.
Wer Mitarbeitern Raum gibt, über ihre Arbeit zu sprechen, öffnet Kanäle, die weit über jede Hochglanzkampagne hinausgehen.
Wichtig ist: nicht bestimmen, sondern begleiten. Schulungen zu rechtlichen Aspekten, Medienkompetenz, Storytelling sind das Fundament. Redaktionskonferenzen öffnen Perspektiven und schaffen Relevanz.
Das Ziel: Echte Geschichten aus dem Alltag. Sichtbar gemacht von den Menschen, die sie leben.
Thought Leadership als fachliche Positionierung
Wer eine starke Fachkultur hat, sollte diese auch zeigen. Das ist die dritte Stufe des Recruiting über die Persönlichkeit der Mitarbeiter.
Thought Leader sind keine Selbstdarsteller, sondern Repräsentanten ihrer Profession. Sie stehen für die Expertise des Unternehmens, geben Einblicke, setzen Impulse.
Sei es auf Konferenzen, in Podcasts, an Hochschulen oder in Social Media.
Diese Form der Markenbotschaft ist besonders wirksam, weil sie inhaltlich gegenüber der fachlich interessierten Zielgruppe getragen ist.
Thought Leader benötigen dabei besonders viel Freiraum, um sich auch an wissenschaftlich-innovativen Entwicklungen zu beteiligen.
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Auch im Recruiting: Kommunikation nach innen zuerst
Viele Unternehmen wollen ihre Identität zeigen, ohne sie intern zu leben. Dabei ist genau das die Voraussetzung für glaubwürdige Botschaften.
Interne Redaktionsrunden zeigen oft: Die spannendsten Geschichten kennen die eigenen Leute nicht. Wer Kommunikation als gemeinschaftlichen Prozess versteht, fördert nicht nur Sichtbarkeit nach außen, sondern auch Verständnis nach innen.
Das zahlt auf Identifikation und Bindung ein.
Markenbotschafter und Thought Leader sollten daher immer in der internen Kommunikation mitgedacht werden.
Recruiting von innen
Insgesamt gilt es Mitarbeiter als Instrument des Recruiting wahrzunehmen und zu aktivieren.
Darauf aufbauende Markenbotschafter entstehen nicht durch Titel, sondern durch Engagement, funktionale Fähigkeiten und einer damit verbundenen redaktionellen Ausbildung mit Bereitstellung notwendiger Ressourcen.
Wer Mitarbeiter ernst nimmt, sie unterstützt und ihnen zutraut, sichtbar zu werden, gewinnt nicht nur im Recruiting.
Es lohnt sich, das Potenzial zu heben, das längst da ist.
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