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Der M&A-Prozess aus HR-Sicht, Christian Ruhland im Interview

Die Personalabteilung im M&A-Prozess - Christian Ruhland im Interview

Im Rahmen einer Transaktion zwischen zwei Unternehmen kommt der Personalabteilung eine besondere Rolle zu. Denn es geht nicht nur um betriebswirtschaftliche Prozesse. Es geht darum, zwei Kulturen in diesem M&A-Prozess zu verbinden und das bestmögliche Ergebnisse zu realisieren.

Christian Ruhland ist Partner bei der Cyforwards GmbH und dort zuständig für den Bereich People & Organizational Development. Als Transformationsberater und -begleiter unterstützt er Organisationen dabei, durch gezielte Personal- und Organisationsentwicklungsmaßnahmen Veränderungsprozesse erfolgreich zu initiieren und umzusetzen.

Im Interview spricht der Experte über die Herausforderungen aus Personal-Sicht bei der Gestaltung von M&A-Prozessen, über erfolgskritische Human Faktoren sowie über die Bedeutung einer People & HR Due Diligence.


Herr Ruhland, wo liegen die größten Herausforderungen aus Personal-Sicht bei der Gestaltung von M&A-Prozessen?

Bei der Gestaltung eines erfolgreichen M&A-Prozesses geht es um mehr als nur das Vorhandensein eines überzeugenden Business Rationals, die Entwicklung einer gemeinsamen Vision und Strategie sowie die Klärung vertraglicher, finanzieller, steuerlicher und organisatorischer Themen im Vorfeld eines Zusammenschlusses bzw. eines Unternehmenskaufs.

Es geht insbesondere um Menschen, deren Motivation, Ziele und Einstellungen hinsichtlich der Gestaltung einer gemeinsamen unternehmerischen Zukunft.

Daher ist es wichtig, im Vorfeld eines M&A-Prozesses herauszufinden, wo ggf. persönliche Hürden seitens der Keyplayer bzgl. des angestrebten Prozesses bestehen. Überdies gilt es, die erfolgskritischen Human-Faktoren (z.B. kulturelle Aspekte) aus Käufersicht im Falle einer geplanten Übernahme zuverlässig einzuschätzen, um eine belastbare Entscheidung treffen zu können und die erforderlichen Maßnahmen im Vorfeld des Unternehmenskaufs zu planen.

Was zählt für Sie zu den erfolgskritischen Human-Faktoren im Rahmen eines M&A-Prozesses mit dem besonderen Fokus auf den Unternehmenskauf?

Im Wesentlichen schauen wir mit Blick auf die Dimensionen Mensch und Organisation auf fünf zentrale Faktoren:

  1. Motivation der Verkäufer:
    Warum besteht die Bereitschaft, die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit aufzugeben? Welche individuellen Zukunftserwartungen bestehen seitens der Verkäufer?
  2. Kompatibilität der Ziele und Strategie der Keyplayer bezüglich der Geschäftsentwicklung:
    Besteht ein kongruentes Bild beider Unternehmen und ihrer Keyplayer hinsichtlich der zukünftigen unternehmerischen Ziele und Strategie?
  3. Passung der Unternehmenskulturen:
    Welche Werte prägen die Unternehmenskulturen beider Unternehmen? Wo bestehen Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede? Wie wird Führung organisiert und gelebt?
  4. Kompetenzen und organisatorische Capabilities:
    Welche Kompetenzen bestehen seitens der Keyplayer und der Organisation? Wie sind Kompetenzen verteilt und Verantwortlichkeiten organisiert? Wie ergänzen sich die Keyplayer gegenseitig? Welche Konsequenzen hätte der Abgang einzelner Keyplayer für die weitere Entwicklung des Unternehmens?
  5. Bindung- und Integrationsfähigkeit der Keyplayer:
    Wer sind über die Verkäufer hinaus Keyplayer im Unternehmen? Wie bewerten diese den Merger und ihre eigene Zukunft im neuen Kontext? Bestehen Bindungsrisiken und wie lassen sich diese abmildern? Welche Rollen (sowie Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten) sollten die Keyplayer zukünftig übernehmen?

Welche Unterschiede gibt es mit Blick auf das Personal zwischen einem Merger und einer Acquisition?

Nach unserer Erfahrung geht es in der M&A-Praxis meist um Übernahmen bzw. Unternehmenskäufe und seltener um den Zusammenschluss von zwei Unternehmen zu einem Neuen („Merger“). Im Falle der Übernahme („Akquisition“) wird ein Unternehmen von einem anderen Unternehmen aufgekauft.

Wichtig sind hierbei die Größenunterschiede zwischen den Unternehmen. Ungeachtet der meist vorhandenen Größen- und damit Machtunterschiede zwischen den Unternehmen ändert dies nichts daran, das zu übernehmende Unternehmen gerade mit Blick auf Personalthemen bewusst sensibel und wertschätzend zu behandeln, die Unternehmenskultur gezielt zu berücksichtigen und vor allem die Keyplayer in den Prozess einzubinden.

Am Ende geht es immer um das „gemeinsame“ Entwickeln von neuem Geschäft und um das Heben von Synergien, gerade im Dienstleistungsbereich.

Durch ein derartiges Vorgehen kann die Bereitschaft zum Verkauf reifen und maximale Motivation entfaltet werden, um etwas Besseres, Größeres „zusammen“ zu erschaffen.

Was sollte im Vorfeld eines Unternehmenskaufs mit Blick auf das Personal geklärt werden?

Im Rahmen der Due Diligence werden die Verträge von Mitarbeitern bewertet, da eingegangene Verpflichtungen übernommen werden. Insbesondere der Bereich der betrieblichen Altersvorsorge ist hier hervorzuheben. Überdies gilt es, den Aspekt der Einstufung sowie der Vergütung & Benefits der aktuellen und zukünftigen Keyplayer nach der Übernahme zu klären.

Daneben sollten bestimmte HR-KPIs bewertet werden: Fluktuationsrate, Dauer der Zugehörigkeit zum Unternehmen, Altersdurchschnitt, Diversität, Investitionen in Personalentwicklung. Und dann gilt es zu reflektieren, ob das bei beiden Unternehmen matched oder nicht und was das für die Zusammenführung / Zusammenarbeit bedeutet.

Von höchster Bedeutung ist es zudem herauszuarbeiten, wie das Top-Management / die Keyplayer bisher zusammenwirkten und zu klären, wer für den Post-Merger-Integrationsprozess und die Weiterentwicklung des Unternehmens von entscheidender Bedeutung ist. Was kann man tun, um diesen Personenkreis zu halten und zu binden?

Darüber hinaus sind Prozess- und Organisationsthemen zu betrachten: Sieht bspw. ein Start-up-Mitarbeiter in einem älteren, gewachsenen Konzern für sich attraktive Entfaltungsmöglichkeiten? Auf diese Fragen gilt es, Antworten zu finden. Abschließend betrachtet kommt der Kommunikation ein hoher Stellenwert zu. Eine überzeugende Kommunikation, die Vorteile für beide Seiten aufzeigt, ist hier von zentraler Bedeutung.

Was bedeutet das für die Personalabteilungen?

Gerade die HR-Abteilung des übernehmenden Unternehmens ist wichtig für die Umsetzung der skizzierten Aktivitäten, die sich aus den oben genannten erfolgskritischen Human-Faktoren ergeben. Sie benötigt ausreichend Ressourcen, Personal, Know-how und Akzeptanz, um die verschiedenen Themen zu begleiten und Gehör zu finden.

Daher sollte die Personalabteilung frühzeitig eingebunden werden. So kann sichergestellt werden, dass im Vorfeld eines Unternehmenskaufs auch eine angemessene HR & People Due Diligence erfolgt und die notwendigen ersten Post-Merger-Integrationsmaßnahmen vorbereitet sind.

Ganz grundsätzlich: Wie kann ein M&A-Prozess zu einem Erfolg für den neu entstandenen Arbeitgeber werden? 

Im Rahmen eines M&A-Prozesses muss für alle Beteiligten – insbesondere für die Keyplayer – klar werden, warum nicht nur das Unternehmen, sondern auch sie selbst von dem Zusammenschluss bzw. der Übernahme profitieren.

Die passende Erzählung muss verdeutlichen, welche Chancen sich aus diesem Schritt für beide Seiten in der Zukunft ergeben. Zudem dürfen Mitarbeiter nicht zu lange im Unklaren gelassen werden, was ihre zukünftige Rolle anbelangt, wo und mit wem sie zukünftig arbeiten werden. Derartige Antworten ergeben sich u.a. aus einem klaren Post-Merger-Integrationsplan.

Denn es gibt nichts Schädlicheres für M&A-Prozesse, als Ungewissheit und fehlende bzw. nicht überzeugende Perspektiven auf Seiten der Mitarbeiter sowie dadurch entstehende Unruhe und Abwanderungsrisiken.

Welche Rolle spielen externe Beratungen?

Externe Beratungen können bei geplanten Unternehmenskäufen über die Unterstützung der Due Diligence und der Post-Merger-Integration hinaus dazu beitragen, die Gestaltung der Pre-Merger-Phase zu professionalisieren und wichtige Erkenntnisse über das Übernahmeunternehmen zu gewinnen.

Hervorzuheben sind hier unter anderem Unterstützungsbeiträge hinsichtlich der Objektivierung von Kaufentscheidungsprozessen und der Gestaltung von Vertragsmodalitäten, das zusätzliche Aufdecken von Management- und Businesspotenzialen oder aber auch die kritische Validierung des Geschäftsmodells des Unternehmens sowie des zukünftigen Businessplans.

Aber auch bei der Schaffung von Akzeptanz für den M&A-Prozess auf Seiten der Keyplayer kann ein neutraler Partner eine wichtige Rolle spielen.

Wichtig ist es hierfür, einen Berater zu finden, der in den Business-, People- und Organisationsthemen gleichermaßen zu Hause ist und der über das nötige Feingefühl und die Anpassungsfähigkeit verfügt, um M&A-Prozesse zu begleiten.

Christian Ruhland, vielen Dank für das Interview!


Über Christian Ruhland:

Christian Ruhland verantwortet seit 2018 den Bereich People & Organizational Development bei der Cyforwards GmbH und begleitet in dieser Rolle sowohl Professional-Service-Unternehmen wie Beratungshäuser als auch mittelständische Unternehmen und Konzerne bei der erfolgreichen Umsetzung von M&A Initiativen. Sein Beratungsfokus liegt hierbei auf der Analyse und dem Management der erfolgskritischen Human-Faktoren sowohl in der Pre-Merger- als auch in der Post-Merger-Phase. Insbesondere den Aspekt einer angemessenen People und HR Due Dilgence betrachtet er als erfolgskritisch für das Gelingen von M&A Vorhaben. Der international tätige Berater war langjährig in einer führenden HR-Managementberatung sowie in einer globalen HR-Management-Verantwortung in einem multinationalen Konzern tätig.

 

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Fragen: Nicolas Scheidtweiler / Vernetzen bei Linkedin
Bild: Cyforwards


 

 

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