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8.000er-Expedition: Das Risiko diverser Teams

8.000er-Expedition: Das Risiko diverser Teams

Auf einer 8000er-Expedition im Himalaya verdichtet sich alles. Insbesondere Gruppen gewinnen an einer besonderen Dynamik, die sich aus dem engen zeitlichen Rahmen (in der Regel dauert eine Besteigung um die 40 Tage) sowie dem kräftezehrenden und gefährlichen Ziel speist.

Mein aktueller Versuch, den achthöchsten Berg der Erde zu besteigen, hat mir erneut verdeutlicht, worauf es ankommt, damit der Erfolg trotz nicht beeinflussbarer Rahmenbedingungen der Natur erhöht werden kann. 

 

Unbekannte Teammitglieder

Grundsätzlich kennen sich die Teams bei einer Himalaya-Expedition nicht vorab. Die Mitglieder melden sich individuell bei einer Agentur an. Die Zusammensetzung ist dabei reiner Zufall. In meinen bisherigen Expeditionen, die ich mithilfe lokaler Agenturen gemacht habe, war ich schon in rein männlichen, mal geschlechtlich-gemischten, mal in eher westlichen, mal in internationalen, mal altersmäßig getrennten Teams unterwegs.

Dabei traten je nachdem unterschiedliche Spannungen auf. 

 

Ein homogenes Team am Elbrus

Hinsichtlich der Homogenität war die Elbrus-Besteigung 2016 die einfachste Erfahrung: Wir waren zwölf Männer, im Alter zwischen 30 und 40 Jahren mit einer gewissen Bergerfahrung und Fitness. Alle hatten klare westliche Bezüge und Verhaltensweisen und einen grundlegend hohen Bildungsstandard, wobei wir rein äußerlich neben uns fünf Westeuropäern einen Ägypter und sechs Russen in der Runde hatten.

Aber wir alle verhielten uns ähnlich beim Essen und der Besteigung, dachten und sprachen ähnlich. 

Ich denke positiv an diese Erfahrung, da ich das Gipfelziel energiegeladen und mit Freude erreicht habe.

 

Sehr heterogen am Manaslu

In diesem Jahr war die Manaslu-Expedition nahezu das Gegenteil: Ich war mit „nur“ 46 Jahren zwar der Älteste im Team, unsere Jüngsten waren 26 Jahre alt. Daneben waren wir mit sieben Nationen nur unwesentlich internationaler als die Elbrus-Expedition, aber die nationalen Eigenheiten wurden stärker gelebt.

Es gab zwei Frauen und sieben Männer. Vegan bis nahezu „Nur-Fleischessend“. Aber diese psycho-sozialen und kulturellen Unterschiede waren bereits ein Problem. Es wurde wenig Beginn an weniger kommuniziert als in anderen Expeditionen, die ich bisher erleben durfte. Das führt ab und zu bedrückenden Phasen der Stille.

Daneben waren es funktionale Fertigkeiten, die zu einer insbesondere für mich schwierigen Heterogenität führten.

 

Funktionelle Fähigkeiten divergieren

Denn ich war der Einzige, der Skifahren konnte, Eisklettern geht und regelmäßig am Fels zu finden ist. Für alle anderen sind diese alpinen Fertigkeiten fremd. Sie wussten, wie man mithilfe von Fixseilen und Steigklemme höhere Berge im Expeditionsstil besteigt und kannten alle „Promis“ in ihren unterschiedlichen Rekordversuchen an den 8.000ern. Aber sie hatten keine Idee, wie es alpin gehen würde und warum ich diese bekannten Gesichter nicht kannte.

Für mich kommt an dieser Stelle die Hermeneutik zum Tragen. Wer versteht jemand anderes wie, wenn sie beide nicht einen deckungsgleichen Kreis ihrer Biografie, der Sozialisierung, des Wissens, der Erfahrungen haben?

Das führte zu Spannungen, weil es mich auch störte, dass keine Verständnis und auch keine Anerkennung für mich da war. Das liegt natürlich in meiner Persönlichkeitsstruktur, aber auch in der Enge des Basislagers begründet. Es gab keine Chance, diesem dauernden Stress zu entgehen.

 

System 2 kostet sehr viel Energie

Es ist eine lehrreiche, aber auch anstrengende Erfahrung. 7/24 mit Menschen zu verbringen, deren Nähe zu ertragen, die man aber nicht wünscht.

Es erschöpft mental und dann auch körperlich. Ich verweise dazu auf das System 1- und System 2-Modell des Nobelpreisträgers Daniel Kahneman. Versucht man die ganze Zeit kognitiv zu handeln und seine Intuition zu unterdrücken, verbraucht man mehr Energie.

Und das führt zurück zu den Ansprüchen einer Expedition: Es geht um Energiesparen in allen Situationen, um die Gipfelchance wahrzunehmen und zu erhöhen.

Gerade unter dem dauernden körperlichen und mentalen Stress wird es zunehmend schwieriger, sich an ungeschriebene Normen, Werte und Erwartungen - wie im normalen Arbeitsalltag - zu halten und auch auszuhalten.

 

Homogene Teams sparen Energie

Dahingehend ist ein homogenes Team die bessere Wahl. Die Mitglieder müssen weniger Energie aufwenden, um sich der Struktur zu unterwerfen, die ihren eigenen Fähigkeiten in fachlicher, sozialer und kultureller Hinsicht widerspricht. Es kommt zu mehr Freude, wenn jeder so sein kann, wie er ist und dahingehend akzeptiert wird.

Es gibt keine Debatte über gemeinsame Werte und Normen, die den Zusammenhalt der Gruppe bestimmen. Da alle selbst ein gewisses Maß an Kompetenzen mitbringen, erkennen sie den Wert der jeweils anderen Teammitglieder.

 

Teambuilding: Was wäre zu tun gewesen?

Ein klassischer Teambuilding-Prozess hat bei unserer Agentur gefehlt. Dieser eine Tag, klar methodisch strukturiert, hätte die Heterogenität verringert, in die Ziele und Fähigkeiten jedes Einzelnen gesammelt und definiert worden wären:

1.     Klarheit über die Vision und Motivation

Jedes Teammitglied hat unterschiedliche Erwartungen an ein Projekt: Was soll am Ende stehen – für alle und für jeden Einzelnen? Es geht um emotionale Nutzen, durch die Motivation entsteht, sich für die Gruppe einzusetzen und Zeit, Energie und Know-how für alle einzubringen. [Mehr zur Vision]

2.     Klarheit über Fähigkeiten und Kenntnisse

Wie bei mir gezeigt, ist es gut und sinnvoll, sich über das auszutauschen, was jeder Einzelne in ein Projekt einbringen kann. So entsteht ein gegenseitiges Verständnis und auch die Wertschätzung. Das spart Energie, um die Teilnehmer effektiver in ihren Rollen einzusetzen.

3.     Klarheit über die Planung und Meilensteine

Nicht jedes Projekt und Ziel lässt sich in wenigen Stunden oder Tagen erreichen. Gerade über die mehrwöchige Monotonie in einem Basislager bedarf es der kurzfristigen Erfolge. Dadurch rückt das Ziel näher

Diese Zeit sollten sich Teams jedoch nicht nur auf einer Expedition nehmen. Auch mit neuen Kollegen oder mit Kunden bedarf es der gemeinsamen Klärung dieser Fragen. Dann sparen alle Mitglieder des Teams oder der Arbeitsgruppe ihre Energie für den gemeinsamen Weg. Denn Diversity funktioniert nur mit einem klaren Ziel.

 

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Autor: Nicolas Scheidtweiler / Linkedin
Bild: eigenes


 

 

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